Die Russische Föderation existiert seit 1992 und ist der größte zusammenhängende Flächenstaat. Umso größer sind jedoch auch die wirtschaftlichen und sozialen Probleme Russlands. Im Folgenden werde ich beurteilen, inwiefern diese Probleme auf die Vergangenheit Russlands, also auf die Zeit des Zarenreichs und der Sowjetunion zurückzuführen sind, und inwiefern die Russische Föderation heutzutage eine Herausforderung für die Europäische Union und den Westen darstellt.
Historische Einordnung
Das Imperiale Zarenreich, welches im Jahre 1721 entstanden ist und bis zur Oktoberrevolution 1917 bestand, entwickelte sich aufgrund von rascher Expansion schon damals zum grössten neuzeitlichen Reich. Die aktive Ansiedlungs- und Expansionspolitik des Zarenreiches, vor allem durch die Zaren Katharina und Alexander, ist hauptverantwortlich für die heutige Grösse und die damit verbundenen strukturellen Probleme Russlands. Zum einen ist Russland durch die große Ethnische Vielfalt im Land stark gespalten, es herrschen soziale Spannungen und Unterdrückung von Minderheiten. Hinzu kommt, dass Russland noch heute von dieser damaligen Expansionspolitik geprägt ist und durch die Gebietsverluste nach dem Zerfall der Sowjetunion an Größe verloren hat. Die Russische Föderation träumt von der Zurückgewinnung dieser Gebiete und von der Wiedererlangung imperialer Stärke, der ,,Fluch des Zarenreiches’’ liegt also immer noch auf dem heutigen Russland.
Wirtschaftliche Einordnung
Ein weiteres Problem Russlands ist die schwache und veraltete Industrie des Landes. Das Land belegt nur Platz 12 auf der Skala der Staaten der Welt nach Bruttoinlandsprodukt. Dies ist vor allem auf die Abhängigkeit Russlands von Öl und Gas Exporten zurückzuführen, hängt jedoch auch mit der späten Globalisierung und der allgemeinen Abschottung und Desintegration des Landes zu Zeiten der Sowjetunion zusammen. Die Wirtschaft Russlands wurde zudem in der Sowjetunion stark durch den Staat beeinflusst, wodurch die Schere zwischen Arm und Reich stark auseinanderging. Die russische Bevölkerung konnte sich unter Michael Gorbatschow und dem neuen, eigenverantwortlicheren Wirtschaftssystem nicht anpassen, wodurch die Wirtschaftliche Struktur in Russland keine grundlegende Änderung erfuhr und deshalb heute veraltet ist.
Russlands Beziehung zum Westen
Zuletzt ist die Beziehung Russlands zum Westen auch heute immer noch angespannt. Trotz der Aussenpolitischen Bemühungen Michael Gorbatschows ist Russlands Beziehung zu der USA durch den Kalten Krieg immer noch stark belastet. Auch die Beziehung zu Deutschland ist aufgrund der Geschehnisse des 2. Weltkrieges und der Diskriminierung und Demütigung Russlands gegenüber den Russlanddeutschen schwer beschädigt. Russlands Vergangenheit ist also mitverantwortlich für seine schlechten Außenpolitischen Beziehungen.
Die Vergangenheit Russlands stellt also eine große Bürde für die heutige Russische Föderation dar und hat viele der Probleme des Landes verursacht/verstärkt. Dennoch ist es Russlands Vergangenheit und die Expansionen zu Zeiten des Zarenreiches, die Russlands heutige, immer noch immense Größe und Macht ermöglicht haben. Und diese Macht bereitet auch der Europäischen Union Sorge. Immer wieder wird in westlichen Ländern Russland als eine gefährliche und unberechenbare Großmacht dargestellt. Doch inwiefern stellt Russland wirklich eine Herausforderung für Deutschland und die Europäische Union dar?
Zum einen wäre da die weltpolitische Position und Stärke Russlands. In Konflikten wie in der Ukraine oder in Syrien agiert die Russische Föderation sowohl als Akteur als auch als Verhandlungspartner. Russland ist im UN Sicherheitsrat zudem Vetomacht und kann somit in seinem Interesse wichtige Entscheidungen blockieren.
Vor allem Russlands Annexion der Krim und deren Aggressionen gegen die Ukraine haben klar gemacht, dass Russlands politische Ziele für die Europäische Union nicht akzeptabel sind. Diese kritischen Einmischungen in die Weltpolitik stellen für die EU und den Westen durchaus eine Herausforderung dar.
Russlands ganzer Stolz war schon immer sein Militär. Nach USA hat die Russische Föderation das Zweitstärkste Militär, welches es an Nationalen Feiertagen wie dem 9. Mai auch Stolz präsentiert. Diese jährliche Machtprovokation in Richtung Westen strapaziert die sowieso schon angespannten außenpolitischen Beziehungen noch mehr.
Zuletzt ist natürlich auch der jetzige Präsident der russischen Föderation Vladimir Putin mit für die belastete Beziehung zwischen Russland und der EU verantwortlich. Er war Hauptakteur in der Krim-Krise und erlässt regelmäßig Gesetze, die ihn politisch und strafrechtlich unantastbar machen. Er stellt Deutschland und die USA als Feindbild dar und hält an Feiertagen wie dem 9. Mai propagandistische Reden. Zudem reagiert er auf Machtverschiebungen innerhalb der Eu sehr empfindlich und nimmt allgemein viele politische Angelegenheiten zu persönlich. Mit Putin eine gepflegte politische Beziehung zu führen dürfte für einige Staatschefs also ein kompliziertes Unterfangen sein.
Fazit
Russland stellt in Gewissen Aspekten also wahrhaftig eine Herausforderung für die EU dar. Dennoch denke ich man sollte bei dem angespannten Verhältnis zwischen der Russischen Föderation und der Europäischen Union nicht allein bei Russland den Schuldigen suchen. Auch die EU, unter anderem Deutschland, hat Russland in den letzten Jahren zu sehr ausgegrenzt und sich bei der Beziehung zu Russland zu sehr an Amerika orientiert, d.h Sanktionen verhängt und Russland in den Medien als unberechenbar und gefährlich dargestellt. Ich denke, bei der wahren Herausforderung, also der erneute Annäherung von Russland und der Europäischen Union, müssen beide Parteien mitwirken, um die politische Lage zu entspannen und erneut Kompromisse zwischen beiden Interessenschwerpunkten zu treffen.