Was ist Process Mining?

Dies wird im Organisationshandbuch ganz gut erklärt.

Folgend werden mögliche Anwendungsszenarien von Process Mining im Rahmen von Kundenmanagementprozessen beschrieben. Zuerst werden die generelle Zielstellung und mögliche Ansatzpunkte erörtert. Der Begriff Kundenmanagement wird hierbei definiert als „das Management der kommunikativen Interaktionsprozesse eines Anbieters mit potenziellen oder vorhandenen Kunden zur Generierung und Pflege von Kundenbeziehungen über den gesamten Kundenlebenszyklus hinweg“ (Diller et al. 2005, S. 23).

Process Mining kann als Vorstufe zur Geschäftsprozessoptimierung gesehen werden. Oftmals kommen, neben Process Mining, weitere Maßnahmen zum Einsatz (Befragungen, klassisches Data Mining etc.).

Potentiale und Ziele

Vor Beginn eines Projektes zur Umsetzung von Process Mining sollte festgelegt werden, welche Ziele zu erreichen sind und worin die inhaltliche Abgrenzung liegt. Beim Process Mining und darauffolgender Prozessoptimierung im Kundenmanagement lassen sich dabei die konkreten Ziele

  • Schaffung eines tieferen Kundenverständnisses,
  • Gewinnung „versteckter“ nützlicher Informationen,
  • Verringerung von Prozessdurchlaufzeiten,
  • Erhöhung von Prozesskapazitäten,
  • Entdeckung von Routinen,
  • Ermittlung von Engpässen,
  • Maximierung des Kundennutzens sowie
  • Validierung implementierter Problemlösungen

definieren (Vgl. Lumpp 2016, S. 7–9; Bartmann 2021, S. 1.).

Diese Ziele können in unterschiedlicher Ausprägung und Tiefe erreicht werden. Oftmals begünstigen sie sich dabei gegenseitig. Nachdem die zu erreichenden Ziele festgelegt wurden, sollten von diesen die Informationsquellen, Ereignisdaten sowie Fragestellungen, KPIs und Prozesse abgeleitet werden, die innerhalb des Process Mining Projekts relevant sind.

Ansätze

Um festzulegen, welche der genannten Ziele erstrebenswert sind, können (ähnlich wie in anderen Unternehmensbereichen) folgende Grundlagen herangezogen werden:

  1. Unternehmensstrategie
  2. Abteilungsstrategie des Kundenmanagements
  3. Relevante Firmenwerte
  4. Aktuelle Problem- und Zielstellungen

Einen weiteren spezifischen Ansatzpunkt im Kundemanagement stellt zudem der Kundenbeziehungslebenszyklus dar (siehe Lumpp 2016, S. 7).

Dieser stellt die verschiedenen Phasen einer Kundenbeziehung und mögliche Aktivitäten innerhalb dieser Phasen dar. Er bezieht sich auch auf potenzielle zukünftige sowie bereits verlorene Kunden. Es kann hilfreich sein, zu entscheiden, welche der folgenden Lebenszyklusphasen in einem Process Mining Projekt betrachtet werden sollen. Aus den angegebenen Aktivitäten können Prozesse und Gewichtungen abgeleitet werden.

In der Schriftenreihe „Angewandtes B2B-Marketing“, Ausgabe 4 (vgl. Lumpp 2016 im Literaturverzeichnis) werden auf Seite sechs die Ziele der einzelnen Phasen des Kundenlebenszyklus beschrieben. Daraus lassen sich konkrete Zielstellungen für Process Mining Projekte ableiten.

Vorgehen

Zuerst ist zu entscheiden, ob das geplante Vorgehen einem Projekt entspricht oder ob es sich um einen dauerhaften Geschäftsprozess handelt. Grundlage der Entscheidung sind ist die unternehmensinterne oder allgemeine Definition eines Projektes.

Wenn es sich um ein Projekt handelt, sollten die Vorgaben bzw. Standards zum Projektmanagement eingehalten werden.

Vor Beginn des Vorhabens ist sicherzustellen, dass die allgemeinen Voraussetzungen wie strukturelle, personelle und finanzielle Ressourcen gegeben sind.  Je nach voraus-sichtlichem Umfang des Projektes ist es verpflichtend, allgemeine Projektmanagementaktivitäten, wie beispielsweise eine Rollenverteilung, Erarbeitung eines Projektsteckbriefes und Ablaufplans, Risikoanalyse, Sicherheitskonzept etc., durchzuführen.

Viele Projektmanagementaktivitäten sind für die Process Mining Umsetzungen innerhalb einer Firma identisch. Daher könnte es sinnvoll sein, zwischen allgemeinen Festlegungen und projektspezifischen Besonderheiten zu unterscheiden. Ein wichtiger Aspekt ist hierbei die Langfristigkeit der Implementierung. Voraussetzungen seitens der Projektmitglieder sind ausreichende Prozesskenntnis und Fachwissen über Process Mining. Weiterhin ist es für die ausführende Person relevant, Kenntnisse über die Möglichkeiten und Bedienung des einzusetzenden Process Mining Tools zu erlangen. 

Wie in Kapitel 2.4 ausführlich erläutert wird, ist das Vorhandensein von Prozessdaten (Event Logs) die Grundvoraussetzung für Process Mining. Im Kundenmanagement fallen Prozessdaten oftmals in verschiedenen Systemen an. So können beispielsweise die Monitoring- und Transaktionsdaten von Anwendungen wie Onlineshops, Abrechungssystemen, Telefongesprächen, E-Mails usw. genutzt werden. (Vgl. Winkelmann S. 188) Bei der Auswahl der Ereignisdaten muss geprüft werden, ob die Daten für die geplanten Zielstellungen aussagefähig sind und darüber hinaus in dem Process Mining Reifegrad drei oder höher vorliegen.

Ein weiterer Aspekt, der vor Beginn eines Process Mining Projektes mit Kundendaten betrachtet werden muss, ist der Datenschutz. Bereits in der Planungsphase ist sicherzustellen, dass die Zugriffs- und Zweckbestimmungen von Datensätzen eingehalten werden. Dabei gelten die gesetzlichen und firmeninternen Vorgaben. Es ist möglich, dass Daten, je nach Inhalt und Zeitpunkt der Entstehung, unterschiedlichen Regularien unterliegen. Eine Weitergabe von Datensätzen an externe Dienstleister oder Beratungsfirmen ist oft nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

Da Kundendaten oftmals sehr sensible Informationen wie personenbezogene Daten enthalten, spielt hierbei die technische und organisatorische Sicherheit eine große Rolle . Dies gilt sowohl für die Inhalte der Daten bzw. die Daten an sich als auch für die Metadaten (Event Logs). Es kann sinnvoll sein, im Vorfeld des Projektes ein Sicherheitskonzept mit Regelungen zur Zugriffsberechtigung und Verschlüsselung zu erstellen. Darin ist auch festzulegen, wie Systempasswörter versendet und abgelegt werden. (Vgl. Albrecht et al. 2014, S. 29)

Wenn Kundendaten in Verarbeitungs- oder Analysetools übertragen werden, sind außerdem ggf. die gesetzlichen Löschfristen zu beachten. (Vgl. Schuler und Degeling 2019, S. 334) Diese Löschfristen kommen nicht zur Anwendung, wenn zuvor eine Pseudonymisierung oder Anonymisierung stattfindet. Details und „Best Practices“ diesbezüglich finden sich u. a. im Beitrag „Hinweise zur Anonymisierung von qualitativen Daten“ von Meyermann und Prozelt aus dem Jahr 2014. (siehe Meyermann und Prozelt 2014)

Systemanalyse

Um zu ermitteln, welche Quellsysteme für Process Mining geeignet sind, sollte eine Systemanalyse durchgeführt werden. Im Mittelpunkt steht dabei das potenzielle Vorhandensein von Event Logs sowie Ansätze für Extraktionsmöglichkeiten dieser.

Für die Analyse ergeben sich je System folgende Leitfragen:

  1. Wie lauten die Bezeichnung, ggf. Versionsnummer, Zweck und Funktionalitäten des Systems?
  2. Welche Schnittstellen bestehen zu anderen Systemen?
  3. Ist das System als potenzielle Datenquelle für Process Mining zu sehen?
  4. Liegen Event Logs oder dafür relevante Daten vor?
  5. Wenn ja:
    1. Inwiefern sind die darin enthaltenen Daten für Process Mining geeignet?
    2. Wie können Event Logs abgeleitet bzw. extrahiert werden?
    3. Welche weiteren Aspekte sollten bei einem zukünftigen Process Mining Projekt beachtet werden?
  6. Wenn nein: Warum ist das System für Process Mining als ungeeignet anzusehen?

Klassische Datenquellen für Process Mining sind CRM- oder ERP-Systeme.


Quellen

Albrecht et al. 2014
Albrecht, Andrej; Nottbeck, Bern; Bruns, Bernhard; Licht, Christopher; Arndt, Jannik; Zielon-ka, Krystian; Holznagel, Markus; Eversmann, Moritz; Sow, Naby Moussa; Bauer, Roman; Meents, Thomas (Kompon.) (31.03.2014): Multidimensionales Process Mining
Universität Oldenburg Oldenburg 2014.

Bartmann 2021
Bartmann, Christian: ManagerWISSEN Ausgabe Juni 2021 – Prozessautomatisierung, in: ManagerWISSEN 2021.

Diller/Haas/Ivens 2005
Diller, Hermann/Haas, Alexander/Ivens, Björn Sven: Verkauf und Kundenmanagement -Eine prozessorientierte Konzeption, Kohlhammer, Stuttgart 2005.

Lumpp 2016
Lumpp, Fabian: Q8 Potenziale von Data Mining für das strategische Kundenmanagement – grundlegende Verbindungslinien, Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mosbach, Mosbach 2016.
URL: https://www.mosbach.dhbw.de/fileadmin/user_upload/dhbw/ressorts/forschung/dokumente/DHBW_Mosbach_B2BMarketing_04_Data_Mining_und_Kundenmanagement.pdf

Winkelmann o. J.
Winkelmann, Peter: Marketing und Vertrieb -Fundamente für die marktorientierte Unter-nehmensführung, 8., vollst. überarb. und aktualisierte Aufl., Oldenbourg, München o. J.

Schuler und Degeling 2019
Schuler, Karin und Degeling, Martin: Was bedeutet Process Mining für Datenschutz und Mitbestimmung im Unternehmen? -Interview Process Mining, in: GI-Spektrum 2019, 10.

Meyermann und Porzelt 2014
Meyermann, Alexia und Porzelt, Maike: Hinweise zur Anonymisierung von qualitativen Daten 2014, Heft 1.

6964eb50f73148e0aeb2ea29ac96ccfd Process Mining im Kundenmanagement

Dein Kommentar